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Lungenfibrose: Neuer Wirkstoff macht Hoffnung

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Lunge
Krankhafte Bindegewebsveränderungen in der Lunge sind eine gefürchtete Komplikation bei vielen rheumatischen Erkrankungen.

Krankhafte Bindegewebsveränderungen in der Lunge sind eine gefürchtete Komplikation bei vielen rheumatischen Erkrankungen.

Prof. Oliver Distler ist Direktor der Klinik für Rheumatologie am Universitätsspital Zürich. Mit ihm sprach Kristin Prüßner, Redaktionsmitglied der Mitgliederzeitschrift "mobil", über die Lungenfibrose und die medikamentöse Therapie.

Herr Professor Distler, was passiert bei einer Lungenfibrose?

In unserem Körper findet ständig ein Abbau und gleichzeitiger Wiederaufbau von Gewebe statt – etwa bei Knochen, Muskeln, Knorpel, aber auch zum Beispiel im Lungengewebe. Bei einer Fibrose werden Bindegewebszellen aktiviert, die sogenannten Fibroblasten. Dadurch bildet sich mehr Bindegewebe, als der Körper natürlicherweise wieder abbauen kann. So entsteht zu viel Bindegewebe, welches sich verdickt und verhärtet. Diese Veränderungen nennt man Fibrose. Diese kann an vielen Organen auftreten, unter anderem auch an der Haut und der Lunge.

Wie häufig und wie gefährlich ist sie?

Bis zu 50 Prozent der Patienten mit systemischer Sklerose entwickeln im Laufe der Erkrankung eine spürbare und auch im CT-Bild sichtbare Lungenfibrose. Dabei kann die Schwere des Verlaufs unterschiedlich sein. Die Lungenfibrose ist bei den Systemischen-Sklerose-Patienten die häufigste Todesursache, kommt aber auch bei anderen autoimmun-entzündlichen rheumatischen Erkrankungen vor.

Bei welchen Symptomen muss ein Betroffener zum Arzt?

Erste Symptome einer Lungenfibrose sind vor allem Atemnot bei körperlichen Belastungen, Husten und verstärkte Erschöpfung. Viele dieser Symptome rühren vom Sauerstoffmangel her, denn durch das zusätzliche Bindegewebe in der Lunge ist der Gasaustausch eingeschränkt. Das Blut transportiert daher nicht mehr ausreichend Sauerstoff zu den einzelnen Organen. Allerdings verlaufen die ersten Veränderungen in der Lunge weitgehend unbemerkt. Spürt der Patient Beeinträchtigungen, ist die Erkrankung bereits fortgeschritten. Es ist aber wichtig, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen und zu behandeln, um bleibende Lungenschäden zu vermeiden.

Wie kann man die Erkrankung erkennen, bevor erste Symptome auftreten?

Weil wir wissen, dass die systemische Sklerose mit einem erhöhten Risiko für Lungenfibrose einhergeht, führt der Rheumatologe regelmäßige Tests durch, um solche Veränderungen möglichst frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören zum Beispiel regelmäßige Lungenfunktionstests, aber auch Tests zur körperlichen Belastbarkeit wie der sogenannte Sechs-Minuten-Gehtest. Zu Beginn der Erkrankung und unter Umständen auch im Verlauf wird eine Computertomografie durchgeführt. Die Kontrolle der Lungenbeteiligung ist sehr wichtig, da bei bis zu 70 Prozent der Patienten Veränderungen in der Lunge auftreten.

Wie sieht die medikamentöse Therapie aus?

Der Arzt entscheidet je nach Fortschritt und Fortschreiten der Erkrankung, ob eine Therapie notwendig ist. Bisher gibt es keine Leitlinien zur Therapie von Lungenfibrose bei systemischer Sklerose. Allerdings gibt es eine Behandlungsempfehlung. Für die Therapie stehen  Cyclophosphamid und Mycophenolat-Mofetil zur Verfügung. Cyclophosphamid kann man aber nur kurzfristig einsetzen, und für Mycophenolat-Mofetil sind die Ergebnisse zwar vielversprechend, es fehlt aber der letzte Wirksamkeitsnachweis. Auch für das Biologikum Tocilizumab gab es solch positive Studienergebnisse, auch hier fehlt der letzte Wirksamkeitsnachweis.

Neu ist der Tyrosinkinasehemmer Nintedanib. Die Studie zu Nintedanib bei Lungenfibrose im Zusammenhang mit systemischer Sklerose war die erste Studie, die zeigte, dass eine gezielte Therapie einen signifikanten Effekt bei Lungenfibrose zeigt. Tyrosinkinasehemmer wirken auf bestimmte Fibroblasten und wahrscheinlich auch Entzündungszellen und verlangsamen das Fortschreiten der Erkrankung. Dieser Effekt zeigt sich allerdings nur bei der Lungenfibrose, nicht bei fibrotischen Veränderungen anderer Organe.

Sie waren federführend bei einer großen internationalen Studie zur Wirksamkeit von Nintedanib bei Lungenfibrose bei systemischer Sklerose. Wie kam man auf die Idee, den Wirkstoff Nintedanib für diesen Fall zu testen?

Nintedanib war bereits bei sogenannten idiopathischen Lungenfibrosen im Einsatz. Bei dieser Form der Erkrankung entstehen vergleichbare Veränderungen im Bindegewebe der Lunge, ohne dass man die Ursache dafür kennt. Wir vermuten, dass bei der Lungenfibrose von Betroffenen mit systemischer Sklerose ähnliche Mechanismen ablaufen. Deshalb wurden die Fibroblasten und die Wirkungsweise von Substanzen wie Nintedanib zunächst im Labor untersucht. Als sich daraufhin deutliche positive Effekte abzeichneten, erfolgte die klinische Studie am Patienten.

Mit welchen Nebenwirkungen muss man bei Nintedanib rechnen?

Anders als bei den Immunsuppressiva Cyclophosphamid, Mycophenolat-Mofetil und Tocilizumab gibt es bei Nintedanib keine vermehrten Infektionen. Häufig kommt es zu gastrointestinalen Beschwerden wie Durchfall und Übelkeit. Diese sind oft nur vorübergehend und verlaufen in der Mehrheit mild bis moderat. Die Durchfälle lassen sich oft über eine Dosisreduktion oder mit gängigen Durchfallpräparaten kontrollieren. In der Studie haben weniger als zehn Prozent der Versuchsteilnehmer die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen abbrechen müssen.

Ihre Studie hat nur Lungenfibrose bei systemischer Sklerose betrachtet. Ist damit zu rechnen, dass Nintedanib auch bei Lungenfibrose bei anderen rheumatischen Erkrankungen hilft?

Es gab eine große, internationale Studie an Betroffenen mit aktiv fortschreitender Lungenfibrose aus unterschiedlicher Ursache, darunter auch Betroffene mit rheumatischen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis. Im Ergebnis zeigte sich, dass Nintedanib das Voranschreiten der Lungenfibrose verlangsamen konnte. Allerdings lief die Studie nur über ein Jahr. Ein Effekt auf die Lebensqualität der Betroffenen ließ sich leider nicht nachweisen, was auch an den unzureichenden Messverfahren und der zu kurzen Beobachtungszeit liegen könnte.

Gibt es noch weitere vielversprechende Wirkstoffkandidaten?

Derzeit befinden sich viele Medikamente in Studien zur Lungenfibrose. Es herrscht ein reges Interesse an diesen Erkrankungen, und es wird weiter geforscht. Allerdings gibt es ein grundlegendes Problem bei der Behandlung: Wie kann man das rasche Fortschreiten der Erkrankung vorhersagen? Diese Patienten würden sich besonders für eine Therapie eignen. Es gibt bestimmte  Risikofaktoren wie besondere Krankheitseigenschaften oder die Art der rheumatischen Erkrankungen.

Auf der anderen Seite schreitet eine Lungenfibrose manchmal auch nur langsam voran, obwohl diese Risikofaktoren vorliegen. Umgekehrt beobachten wir immer wieder Betroffene, die keine offensichtlichen Risikofaktoren haben und bei denen die Lungenfibrose trotzdem rasch voranschreitet. Wir müssen noch viel forschen, um Lungenfibrose noch besser zu verstehen und die Therapiemöglichkeiten verbessern und gezielt einsetzen zu können.

Rheumaforschung: Wir fördern Fortschritt

Die Rheuma-Liga engagiert sich aktiv in der Förderung von Forschung. Sie hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie die Rheumastiftung ins Leben gerufen und fördert darüber hinaus Forschungsprojekte im Rahmen konkreter Ausschreibungen.

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