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EULAR 2022: Neue Erkenntnisse aus der Rheumaforschung

| News
Eular 2022
Die EULAR Village auf dem Messegelände in Kopenhagen beherbergte eine Halle für Treffpunkte. (Bild: EULAR)

Der Kongress der Europäischen Rheumaligen EULAR in Kopenhagen bündelte wissenschaftliche Erkenntnisse aus unterschiedlichen Ländern.

Der EULAR-Kongress 2022 fand in diesem Jahr hybrid statt: Man konnte sowohl live in Kopenhagen die Vorträge besuchen oder sich online von zu Hause aus dazuschalten. Los ging es am Mittwoch, dem 1. Juni. Etwa 17.000 Teilnehmer waren in diesem Jahr dabei – Rheumatologen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen, Kinderrheumatologen und Vertreter aller europäischen Patientenorganisationen.

Ist es sinnvoll, die Basistherapie zu reduzieren?

Wie sinnvoll ist es, bei stabiler Krankheitsaktivität die Basistherapie zu reduzieren oder abzusetzen? Mit dieser Fragestellung haben niederländische Forscher Betroffene mit Psoriasis-Arthritis mit Wirbelsäulenbeteiligung sowie ankylosierender Spondylitis (früher M. Bechterew) untersucht. Alle Teilnehmer hatten seit sechs Monaten eine stabile Krankheitsaktivität. Die Betroffenen erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder weiterhin ihre gewohnte Therapie, eine geringere Dosis oder gar keine Therapie mehr.

Ergebnis: Bei 72 Prozent der Betroffenen konnte die Dosis der Basistherapie reduziert werden, 28 Prozent konnten sogar ihren TNF-Alpha-Blocker absetzen, ohne dass ihre Krankheitsaktivität einen zuvor definierten Wert überstieg. Allerdings führt dies zu einer vermehrten Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika. Die Teilnehmer, die ihre Basistherapie reduzierten, hatten ein um 46 Prozent geringeres Infektionsrisiko.

Fazit: Dies ist die erste hochwertige Studie, die beweist, dass eine Reduktion oder sogar das Absetzen der Basistherapie zu keinen schlechteren Ergebnissen führt als das Fortführen der Therapie mit einem TNF-Blocker. Allerdings war die Fallzahl relativ klein und die Studie dauerte nur ein Jahr. Es bleibt abzuwarten, ob der Effekt anhält. Ohne Zweifel hat die Dosisreduktionsstrategie nicht nur deutliche Kostenvorteile, sondern auch die Nebenwirkungen der Therapie in Richtung Infektionsrisiken sind geringer. (OP0261)

Gibt es Grund zur Hoffnung bei Arthrose?

Die Literatursuche einer australischen Forschergruppe hat ergeben, dass ein Standardmedikament zur Behandlung der Zuckerkrankheit (Diabetes) günstig auf Arthrose wirkt. Es handelt sich um Metformin, die meisten Effekte wurden auf Kniearthrose beobachtet: Das Präparat minderte das Voranschreiten der Arthrose, linderte die Schmerzen und wirkte positiv auf die Mechanismen des Immunsystems bei Arthrose. Dies zeigte sich in Laborstudien und in Untersuchungen an Betroffenen. Die Autoren empfehlen, diesen Effekt weiter zu untersuchen.

Fazit: Bislang gibt es noch kein Medikament, dass das Fortschreiten einer Arthrose aufhält. Zumindest bei Diabetikern, die gleichzeitig Arthrose haben, sollte man Metformin auch zur Arthrosetherapie nutzen. Metformin hat zahlreiche Effekte, die sich günstig auf das Krebsrisiko, die Lebenserwartung und wohl auch auf das Immunsystem bei Rheumaerkrankungen auswirken. Der genaue Stellenwert bei Rheuma ist allerdings noch unklar. Wichtiger als Medikamente sind aber Lebensstiländerungen wie das Vermeiden von Übergewicht, vermehrte Bewegung, gesunde Ernährung. (POS1118)

Kann Eincremen gegen Gicht helfen?

Eine spezielle Lotion, die Betroffene auf die Haut des erkrankten Gelenks schmieren, kann bei einem Gichtanfall die Schmerzen signifikant reduzieren. Gichtpatientinnen und -patienten brauchen dann weniger Schmerzmittel. Das haben US-Forscher in einer Studie an 418 Gichtpatienten herausgefunden. Die Betroffenen erhielten eine Therapie mit dem Gichtmedikament Colchizin. 98 von ihnen bekamen dennoch innerhalb von 14 Monaten einen Gichtanfall. Diese Betroffenen erhielten entweder eine Lotion mit einem Wirkstoff, der den pH-Wert beeinflusst, oder eine Lotion ohne Wirkstoff.

Fazit: Weitere Studien sind nötig. Bestätigt sich der Effekt, hätte man ein lokal anwendbares Medikament zur Verfügung, um die schmerzhafte Gelenkschwellung bei einem Gichtanfall effektiv zu lindern. Allerdings muss die dauerhafte medikamentöse Harnsäuresenkung etwa mit Allopurinol oder Febuxostat weiterhin erfolgen. (OP0170)

Hilft Vitamin D bei Fibro und Fatigue?

Portugiesische Forscher haben 2.480 Artikel aus den Jahren 2000 bis 2022 analysiert, um die Frage zu klären, ob Vitamin D einen günstigen Effekt auf Fibromyalgie und Fatigue hat. Sie wählten vier Studien aus. Eine davon kam zu keinem Effekt, die drei übrigen zeigten einen leichten Effekt auf die Ausprägung der Beschwerden. Allerdings gingen die analysierten Studien sehr unterschiedlich vor, etwa bei der Dosis von Vitamin D. Zudem handelte es sich nur um wenig aussagekräftige Beobachtungsstudien.

Fazit: Wahrscheinlich hat Vitamin D einen nachweisbaren Effekt auf die Beschwerden bei Fibromyalgie und Fatigue, also starker Müdigkeit. Liegt ein Mangel vor, sollte Vitamin D unbedingt ersetzt werden. Mittlerweile ist bekannt, dass Autoimmunprozesse auch bei Fibromyalgie eine Rolle spielen könnten. (AB1214)

Wie hoch ist das Lungenkrebsrisiko bei RA?

Menschen mit rheumatoider Arthritis (RA), die rauchen oder mal geraucht haben, haben ein siebenfach erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Das ergab eine schwedische Registerstudie. Das Risiko für Tumoren der Lunlokal ge lag außerdem höher für Betroffene mit Rheumafaktor und/oder Antikörpern gegen citrullinierte Proteine (ACPA). Die Analysen beruhen auf den Daten von 44.101 RA-Patienten, von denen 590 an Lungenkrebs erkrankten.

Fazit: Betroffene mit RA haben ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs auch unabhängig vom Rauchen. Betroffene sollten immer wieder mal Röntgenbilder der Lunge kontrollieren lassen. Für Raucher mit RA gilt dies besonders. (POS0061)

Welchen Einfluss hat die Pandemie auf unsere Muskeln?

Hat die Coronapandemie durch reduzierte körperliche Aktivität den Muskelabbau (Sarkopenie) älterer Betroffener mit rheumatoider Arthritis (RA) verstärkt? Dieser Frage ging eine japanische Forschergruppe nach. Sie erfasste dazu Muskel- und Fettmasse, Stoffwechsel und Muskelkraft der Hände von 709 Betroffenen mit RA. Ergebnis: Nach den Einschränkungen durch die Pandemie waren Muskelmasse und Muskelkraft signifikant niedriger, während sich die messbare Fettmasse erhöhte. Der Stoffwechsel verlangsamte sich.

Fazit: Selbst eine begrenzte Zeit verminderter Bewegung befeuert die Sarkopenie. Die Verluste sind bei Älteren nur schwer wieder aufzubauen. Trotz Einschränkungen gilt es für Rheumabetroffene daher, sich ausreichend zu bewegen, damit die Muskulatur in Größe und Funktion erhalten bleibt. (OP0133)

Haben Bisphosphonate als Tabletten weniger Nebenwirkungen?

Eine französische Arbeitsgruppe hat das französische Register hinsichtlich der Nebenwirkungen von Bisphosphonaten ausgewertet. Zu den besonders gefürchteten, seltenen Effekten dieser Osteoporosemedikamente gehört ein unwiederbringlicher Knochenabbau im Kiefer (Nekrose).

Die Wissenschaftler verglichen die Häufigkeit dieser Nebenwirkung bei wöchentlich einzunehmenden Tabletten wie Alendronat oder Risedronat mit Wirkstoffen, die einmal pro Jahr als Infusion gegeben werden, etwa Zoledronat. Ergebnis: Infusionen mit Zoledronat haben ein signifikant höheres Risiko für Kiefernekrosen als die Tabletten Alendronat und Risedronat. Insgesamt ist das Risiko für diese Nebenwirkung in der Rheumatologie sehr niedrig. Es erhöht sich zum Beispiel durch höheres Alter, Vorliegen einer Zuckerkrankheit, Rauchen, Operationen am Kiefer, Kortison oder Krebstherapien.

Fazit: Bisphosphonate sind vergleichsweise nebenwirkungsarme, wirksame Therapien der Osteoporose und wichtig, um Knochenbrüche zu verhindern. Das sehr geringe Risiko der Kiefernekrose ist nur dann von Bedeutung, wenn OPs am Kiefer erfolgen müssen. Das Risiko, vor allem im Alter einen Knochenbruch (oft an der Wirbelsäule) zu bekommen, ist wesentlich höher. (OP0240)

Nutzen oder Schaden – was überwiegt bei Kortison für Ältere?

Niederländische Forscher haben die Daten von 451 Betroffenen über 65 mit rheumatoider Arthritis aus sieben EU-Ländern analysiert. Knapp 80 Prozent von ihnen erhielten eine Basistherapie. Zusätzlich erhielten sie über zwei Jahre hinweg entweder fünf Milligramm Prednisolon oder ein Placebo. Ergebnis: Die zusätzliche Kortisontherapie reduzierte die Krankheitsaktivität geringfügig, allerdings gab es mehr Nebenwirkungen, vor allem mehr Infektionen.

Fazit: Glukokortikoide – das ist der Oberbegriff für kortisonähnliche Medikamente – können die Krankheitsaktivität wirksam verringern. Die Autoren der Studie schätzten die Nutzen-Schaden-Bilanz als positiv ein. Wichtige Nebenwirkungen der Glukokortikoide zeigen sich jedoch erst spät, etwa an den Augen, am Knochen oder am Herz-Kreislauf-System. Diese Nebenwirkungen wurden allerdings nicht berücksichtigt. Alle internationalen Leitlinien empfehlen einen möglichst kurzzeitigen Einsatz von Kortison, stattdessen besser eine Verstärkung der Basistherapie, wenn keine ausreichende Reduktion der Krankheitsaktivität gelingt. (OP0263)

Kann Sarilumab Polymyalgia rheumatica lindern?

Ein internationales Forscherteam hat untersucht, ob sich der monoklonale Antikörper Sarilumab als Therapie bei Polymyalgia rheumatica eignet. Das Team konnte pandemiebedingt allerdings nur 118 Betroffene rekrutieren, geplant waren 280. Alle Versuchsteilnehmer erhielten mindestens 7,5 Milligramm Prednisolon. Ein Teil der Probanden erhielt über 14 Wochen hinweg alle zwei Wochen eine Spritze Sarilumab, während die Kortisondosis reduziert wurde. Bei der anderen Hälfte gaben die Ärzte ein Placebo und versuchten ebenfalls, die Kortisondosis zu senken.

Ergebnis: Die Betroffenen, die Sarilumab erhalten hatten, erreichten häufiger einen beschwerdearmen Zustand und benötigten weniger Kortison. Die Betroffenen selbst berichteten von weniger mentalen Beeinträchtigungen, Behinderungen, weniger Nebenwirkungen und einer gestiegenen Lebensqualität.

Fazit: Die Therapie mit einem IL-6-Rezeptorblocker (Tocilizumab, hier: Sarilumab) bei der Polymyalgia rheumatica gewinnt an Fahrt mit deutlich weniger Kortisongebrauch und entsprechend weniger Nebenwirkungen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Therapien möglichst rasch zugelassen werden. (LB0006)

Befeuert Kurzzeitkortison das Diabetesrisiko?

Die überbrückende Therapie mit Prednisolon (Kortison) zu Beginn einer rheumatoiden Arthritis führt nicht zu einem höheren Risiko, die Zuckerkrankheit Diabetes zu entwickeln. Dieses Ergebnis zeigen Verlaufsdaten der niederländischen BEST-Studie über zehn Jahre hinweg. Dabei wurden vier Therapiegruppen miteinander verglichen: Drei davon erhielten längerfristig Prednisolon bis zu einer Höhe von 7,5 Milligramm pro Tag. Allerdings war eher die erhöhte Krankheitsaktivität der rheumatoiden Arthritis ein Risiko für das Entstehen der Zuckerkrankheit.

Fazit: Die Befürchtung, dass eine vorübergehende Therapie mit Prednisolon das Diabetesrisiko erhöht, wurde durch diese Studie nicht bestätigt. Dennoch sollte man wegen anderer Nebenwirkungen Glukokortikoide so niedrig und so kurz wie möglich einsetzen. Eine vorübergehende Therapie mit Prednisolon am Anfang der Behandlung, zusätzlich zu einer Basistherapie, zum Beispiel mit Methotrexat, ist effektiv. (OP0272)

Welche Schmerzmittel halten Bechterew in Schach?

Nichttsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden bei der Wirbelsäulenbeteiligung entzündlicher Rheumaerkrankungen wie axialer Spondyloarthritis (Morbus Bechterew) oder Psoriasis-Arthritis regelmäßig eingesetzt. Eine deutsche Studie an 243 Bechterew-Betroffenen über zehn Jahre hinweg wollte die Frage klären, ob es Unterschiede bei den im Röntgenbild sichtbaren Veränderungen gibt, je nachdem, ob die Betroffenen „übliche“ NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac etc. erhalten hatten oder sogenannte Coxibe, also zum Beispiel Etoricoxib oder Celecoxib. Tatsächlich konnten alle NSAR dosisabhängig das Voranschreiten der Erkrankung verlangsamen, wobei die Coxibe etwas besser abschnitten.

Fazit: Diese Analyse bestätigt bereits vermutete frühere Befunde, wonach NSAR das im Röntgenbild zu erkennende Fortschreiten bei Bechterew-Betroffenen verlangsamen. Das galt insbesondere für die Neubildung von Knochenspangen. Neu ist, dass das mit Coxiben besser gelingt als mit den herkömmlichen NSAR. Allerdings hat der Dauereinsatz von NSAR auch Risiken und erhöht zum Beispiel das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenprobleme, Leberprobleme und Magen-Darm-Probleme. (OP0021)

Autor: Prof. Stefan Schewe ist internistischer Rheumatologe in München und Ebersberg sowie ärztlicher Berater der Mitgliederzeitschrift "mobil".

Hinweis: Die Nummern hinter den einzelnen Meldungen dienen dazu, bei Bedarf die englischsprachige Zusammenfassung im Internet zu finden: https://scientific.sparx-ip.net/archiveeular/

Unser Einsatz in der Rheumaforschung

Die Rheuma-Liga engagiert sich aktiv in der Forschungsförderung. Sie hat gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie die Rheumastiftung ins Leben gerufen und fördert darüber hinaus Forschungsprojekte im Rahmen konkreter Ausschreibungen.

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